Chronik von Johannes Fock
Was alte Hardebeker Geschlechter erzählen
Die Familienkunde gibt uns so manchen Aufschluss.
Von Johannes Fock
Erschienen 1954 in der Segeberger Zeitung
Hardebek, das Dorf am Nordwestwinkel des Kreises, soll heute einmal geschichtlich betrachtet werden. Wir wollen einmal über die Stätte wandern, die uns lieb und teuer ist, die wir Heimat
nennen.
Von hundertjährigen Eichen eingefasst, die aber leider der Neuzeit weichen mussten, teils wegen Altersschwäche, teils wegen anderen Begebenheiten, liegt das Heimatdorf an dem sogenannten
Hirtenbach. Innerhalb von hundert Jahren hat das Dorf dreimal seine Art gewechselt. 1829 wurde aus dem Bauerndorf ein Privathof, 1897 wurde Hardebek ein königliches Remontedepot und 1922 wurde es
ein Siedlungsdorf.
Es war im Jahre 1929, als der Name Hardebek in der Chronik zuerst auftauchte. Was ehedem war, weiß man nicht genau. Hans Harbeck versuchte aus alten Akten und Unterlagen Einzelheiten aus der Hardebeker Geschichte zu schöpfen. Er konnte dann auch die Tatsache belegen, dass der Ort Hardebek schon im 16. Jahrhundert besiedelt war. Dass die Gegend früher hauptsächlich nach Osten hin besiedelt gewesen ist, beweist die Tatsache, dass im Jahre 1904 sieben silberne Teller ausgepflügt wurden, die wohl von früheren Bewohnern in kriegerischen Zeiten in der Erde verborgen wurden.
Ebenso kann man in verschiedenen Waldungen wahrnehmen, dass hier früher einmal Häuser gestanden haben; denn die mächtigen Buchen, die die anderen Bäume weit überragen, stehen im rechten Winkel, und im Raum zwischen ihnen wird sich wahrscheinlich die Hofstelle befunden haben.
Im Besitz des jetzt ältesten Stamms der Einwohnerschaft, der Familie Fock mütterlicherseits, der seit 1836 hier seinen Wohnsitz hat, befinden sich noch Aufzeichnungen, die dazu beitragen können, Hardebek den heimatgeschichtlichen Platz einzuräumen, der ihn gebührt. Die Stammmutter der Familie Fock war die vor zwei Jahren verstorbene Auguste Fock. Ihr im Jahre 1929 verstorbener Ehemann hat etwa 40 Jahre als Feldvogt auf dem Hofe gewirkt.
Die Frau Fock, deren Aufzeichnungen wir hier folgen, wurde im Jahre 1864 in Hardebek geboren. Ihre Mutter war im Jahre 1836 als 6-jähriges Kind nach Hardebek gekommen.
Hardebek ist eine Ableitung aus dem Namen Hirtenbach; die umgehenden Ländereien sind also Viehweiden gewesen, und in dem durch das Gelände fließenden Bach wurden die Herden getränkt. Ein gewisser Friedrich Baumann, aus dem Oldenburgischen stammend, erwarb die ehemaligen Voll-, Halb und Viertelhufen im Jahre 1829 und legte sie zu einem Privathof zusammen. Da ostwärts große Eichenwälder lagen, benutzte er heimisches Holz zu den in damaliger Zeit üblichen Bauten.
Frau Auguste Fock berichtet auch von einen Wildschützen, der in den einst großen Wäldern sein Unwesen trieb. Er war als Arbeiter auf dem Hofe Hardebek beschäftigt. In dunklen Nächten strich er aber heimlich durch die Wälder und manches Stück Wild ist unter seiner Kugel verendet. Die Behörden wurden benachrichtigt und stellten ihm nach, um ihn auf frischer Tat zu ertappen, aber lange vergebens.
In einer stürmischen Novembernacht trieb es ihn wieder in Revier. Der Jagdbesitzer und sein Jagdaufseher folgten dem Wilderer unbemerkt. Als er wieder auf einen Reh anlegen wollte, riefen sie ihn
an: „Hände hoch!“. Der Wildschütz floh, und eine Kugel, die ihm nachgesandt wurde, verfehlte ihr Ziel. Der Wilderer bekam Vorsprung und musste, um seinen Verfolgern zu entkommen, den hochgehenden
Hirtenbach durchqueren. Er sprang in das eiskalte Wasser, das ihm bis zum Halse reichte. Da aber seine Verfolger inzwischen das Ufer erreicht hatten, blieb er, um sie zu täuschen, eine volle
Stunde im Wasser stehen und trat dann, als die beiden sich entfernt hatten, den Heimweg an.
Es war seine letzte Wilderfahrt. Innerhalb von drei Tagen hauchte er infolge einer schweren Lungenentzündung sein Leben aus.
Der Besitzer Baumann ließ sechs große Scheunen und ein Herrenhaus errichten, alles aus dem Holz der heimischen Wälder, von denen die Sage erzählt, dass sie so groß und dicht gewesen seien, dass der Feind im Dreißigjährigen Krieg hinter den Wäldern keine Siedlung vermutete und die Bewohner deshalb vom Terror verschont blieben.
Am Hirtenbach war eine Sägemühle errichtet wurden. Die Stämme wurden den Bach heruntergeflößt und in der Sägemühle zu Balken zubereitet. Weiter wird berichtet, dass zum Zimmern der Giebel Zimmerleute aus Kopenhagen kommen mussten, weil die ortsansässigen Handwerker die Aufgabe nicht meistern konnten. Aber in verhältnismäßig kurzer Zeit wurden sämtliche Bauten ihrer Bestimmung übergeben.
Der erste Besitzer hat sich hier nicht allzu langer Ortszugehörigkeit erfreut; denn etwas später vernehmen wir, dass als neuer Besitzer Herr von Maltzahn den Hof käuflich erworben habe. In den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts erwarb eine Baronin den Hof, deren Mann der Verwalter der Güter seiner Frau war. Aber Zwistigkeiten zwischen den Eheleuten zwangen den Baron schließlich das Feld zu räumen.
Weiter wird berichtet, dass der Baron bei einen Totengräber einer kleinen mitteldeutschen Stadt fragte, wieviel wohle eine Beerdigung kosten würde. Der Totengräber, der nichts Schlechtes ahnen konnte, gab darüber Auskunft. Am nächsten Tag fand er den Baron erschossen auf dem Friedhof auf; vorher hatte der Baron aber das Geld für die Begräbniskosten auf irgendeiner Sparkasse hinterlegt, mit der schriftlichen Bemerkung; er wolle nicht auf Kosten seiner Frau beerdigt werden.
Aber die Bewirtschaftung eines holsteinischen Hofes sagte den meisten Besitzern nicht zu, weil der Sandboden zu jener Zeit nicht die gewünschten Erträge gab und man den künstlichen Dünger noch nicht kannte. So hören wir von einen Winkelmann, der sein Heil mit dem Hardebeker Hof versuchen wollte, aber viele glückliche Stunden wurden ihm auch hier nicht beschieden.
Darum verkaufte er den Hof in den 80er Jahren an einen Großgemüsehändler Namens Tormann aus Hamburg. Tormann betrieb neben Viehwirtschaft eine Blumenzucht und man erzählt, dass er darin Meister war; denn die Leute kann von fern und nah, um sich die großartig angelegten Blumenrabatten anzusehen. Er baute hier in Hardebek eine Meierei und lieferte die Erzeugnisse nach Hamburg. Aber die vielen Fehlschläge seiner Spekulationen führten zum Konkurs. Hinzu kam noch, dass das große Herrenhaus ein Raub der Flammen wurde. Tormann wurde bezichtigt, den Brand gelegt zu haben, er verschwand jedoch und ging nach Amerika. Nun lag der Hardebeker Hof drei Jahre in Konkurs. Anfang der 90er Jahre erwarb Hans von Oertzen, Oberforstmeister von Rang, den Hof. Es schien, als sollte eine Auffrischung des Hofes beginnen. Wohl hatte er gute Absichten und seinen Arbeitern war er ein besorgter Arbeitgeber. Geld wurde damals nicht viel verdient, aber Naturalien gab es reichlich. Mein Vater berichtete, dass zwei Hofarbeiter zusammen eine Schlachtkuh für 3 RM bekamen, nur die Haut musste zurückgeliefert werden. Die Vögte bekamen je eine Schlachtkuh für das gleiche Geld. Im Frühjahr, wenn genug Kälber angesetzt waren, wurden die überzähligen für 15-20 R-Pfg. an die Arbeiter verkauft.
Aber Oberforstmeister Oertzen waren auch nicht allzu gute Stunden seines Wirkens auf dem Hardebeker Hof beschieden. Schwerwiegend war, dass von Oertzen als Bürge die Ehrenschuld von 30.000 Talern begleichen musste. Das war das Ende.
Seine Frau, die jedoch als Hofdame am kaiserlichen Hof gewesen war, bekam Kontakt mit der kaiserlichen Hofkammer. Als nun Interesse am Ankauf des Hardebeker Hofes vorlag, wurde verhandelt und im Jahre 1897 ging der Hof in den Besitz der kaiserlichen Hofkammer über.
Nun wurde eine völlige Umgestaltung des Hardebeker Hofes vorgenommen. Es wurde ein Remontedepot eingerichtet und hieß fortan „Königliches Remonte Depot Hardebek“. Große Stallungen, schöne
Beamtenhäuser sowie neue Arbeiterwohnungen wurden erbaut. Nach und nach verschwanden die Räucherkaten, dafür entstanden Sechs- und Vierfamilienhäuser. Im Jahre 1898 konnten schon 300 Remonten aufgestellt werden. Zwei Beamtenhäuser und ein Sechsfamilienhaus waren bezugsfertig. Die
frühere Meierei wurde zum Herrenhaus umgebaut, wo jeweils der Leiter des Depots seinen Wohnsitz hatte.
Aber immer mehr Bauten entstanden, es war ein aufblühen des Heimatdorfes, wenn auch noch vieles zu vervollständigen war.
Aber durch unermüdlichen Fleiß und Ausdauer wurde Hardebek zu einem Meilenstein holsteinischer Geschichte. Unser Hardebek war das einzige Königliche Remonte-Depot in Holstein. Der erste Leiter des Depots war ein Amtmann Namens Schreck, er wurde von den Oberamtmann Klein abgelöst. Im Jahre 1904 kam als Leiter Amtsrat Namens Haekel auf das Remontedepot. Er war aus Schlesien gebürtig, klein von Wuchs aber groß an Geist und ein Landwirt ersten Formats. Über seine Verdienste ist später noch zu berichten.
Die Schule hatte damals noch ein Strohdach und wurde am 10 Mai 1902 infolge eines Schornsteinbrandes ein Raub der Flammen. Der Leiter der Schule, Lehrer Kock, stand kurz vor seiner Hochzeit und vieles von seinen Hausrat verbrannte nun mit. Weil nun Lehrräume fehlten wurde im Sommerhalbjahr ein Platz im Kuhstall freigemacht und hier unterrichtet. Dass der Unterricht hier nicht den gewünschten Erfolg hatte lässt sich denken. Im Winterhalbjahr durch herausnehmen einer Zwischenwand eines Familienhauses ein besserer Lehrraum geschaffen.
Am 1. Dezember 1903 wurde die neue Schule eingeweiht und die Zeitungen berichteten etwas später, dass die Hardebeker Schule als schönste ländliche in der Provinz galt. Damals amtierte Lehrer Graf, der der Schule 27 Jahre vorstand. Als Lehrer ersten Ranges stand er bei Eltern und Schülern in hohem Ansehen und war weit über die Grenzen seiner Wirkungsstätte beliebt und bekannt.
Gleich nach der Übernahme des Hardebeker Hofes ging man daran, die Ländereien zusammenzulegen; denn man hatte erkannt, dass nur eine intensive Wasserregulierung die Erträge wesentlich erhöhen könne. Eine Gruppe von 45 Mann unter ihrem Meister Seewald begann mit dieser Arbeit. Die Aue wurde begradigt, Rieselwiesen angelegt, 4 Schleusen wurden in der Aue angelegt, kurz es wurde Gewaltiges geschaffen, und im Verlauf von drei Jahren war das Werk vollendet. Die Ländereien, die sich von Westen nach Nord-Ost erstreckten, wurden in 14 große und drei kleinere Schläge eingeteilt. Der Hof war mit seinen Vorwerken Flotthof und Brokenlande 5000 Morgen groß, darunter lagen noch ca. 800 Morgen Heideland brach. Auf der großen Heide wurde noch bis 1905 der sogenannte Plackentorf gegraben.
Auch größere Waldungen gehörten zum Hofe und Wild aller Gattungen war in den Wäldern vertreten. Rehe in Rudeln von 40 bis 50 Stück waren keine Seltenheit. Aber dem Wild wurde auch eine besondere Hege gewidmet.
Wir wollen nun einmal auf die sogenannte große Heide zurückblicken. Die Heide begann gleich hinter dem Vorwerk Flotthof und erstreckte sich bis zum Flottbek (kleiner Bach) und bis an das königliche Gehege. Dieses Stück Heide, unberührt in seiner Art, wurde als Paradies vergangener Zeiten empfunden, die wenigen tief ausgefahrenen Wagenspuren, vereinzelte Birken und Fichtenstämme gaben dem Ganzen das besondere Gepräge. Es war das gegebene Endziel für eine Sonntagstour der Eltern und der Tummelplatz der heranreifenden Jugend.
Im Jahre 1912 wurde die große Heide mit zwei Dampfpflügen urbar gemacht und die üppigen Getreidefelder zeugen davon, dass dieser Boden ertragsfähig ist.
Im Dorf waren indes geräumige Arbeiterwohnungen neu entstanden. Auch ein weiterer großer Remontestall war erbaut worden, und die Strohdachkaten gehörten bald der Vergangenheit an. Da geschah es am 5 Oktober 1905, dass die große Haferscheune mit den Erntevorräten und landwirtschaftlichen Maschinen von Kindern angezündet und ein Raub der Flammen wurde. Im Frühjahr des folgenden Jahres wurde ein Strohdiemen von ca. 400 Fuder Stroh, auch durch Kinder verursacht, durch Feuer vernichtet. Eine neue Schmiede am Eingang des Dorfes wurde errichtet. Auf dem Vorwerk Flotthof wurde ein Remontestall für 100 Pferde, gleichzeitig ein Vier-Familienhaus erbaut.
Die Zugangsstraßen zu dem Hofe waren katastrophal; hier musste vor allen Dingen Ordnung geschaffen werden, weil die vielen Gespanne ihre Spuren hinterließen. 16 Gespanne zu je vier Pferden hatten für den Ablauf der landwirtschaftlichen Arbeit zu sorgen. Aber alle Zugangsstraßen zum Hof wurden mit Kopfpflastersteinen ausgelegt und dadurch gewann der Hardebeker Hof ein gutes Aussehen.
Eine ganz neue Straße nach dem sogenannten Torfmoor wurde angelegt und von beiden Rändern mit Ulmen bepflanzt. Der Weg nach dem Vorwerk Flotthof, die alte Eichenallee, war der Stolz des Hofes und insbesondere seines Leiters Jackel, darum wurden von diesen Eichen trotz ihrer Größe keine gefällt.
Als die Ernteerträge sich merklich besserten und die Möglichkeit nicht bestand, alles unter Dach zu bringen, wurden überall auf dem Feldern Getreidediemen aufgestellt.
Es wurden große Schuppen, die 800 Fuder Getreide bergen konnten, errichtet. Das gesamte Bauholz wurde mit Pferdegespannen aus dem Haloher Gehege herangefahren. Der Holzzimmermann Hannes Wentorf, mit vier Gehilfen hat sämtliche Schuppen auf dem Hardebeker Hof gezimmert. Die alten Scheunen brachen wegen des hohen Alters allmählich zusammen. Nur eine ist bis auf den heutigen Tag stehen geblieben.
Es wurden jährlich 3000 Fuder Korn eingefahren, dazu kamen 1200 Fuder Heu. Außerdem waren große Flächen mit Kartoffeln zu bewirtschaften. Alles ging wie am Schnürchen; denn die Verwaltung verstand sich mit ihren Arbeitern gut. Es waren damals beschäftigt: 16 Gespannführer, 16 Remontewärter, 12 Tagelöhner, dazu kamen noch etwa 40 Fremdarbeiter und etwa 50 ausländische Arbeiter (Polen). Drei Vögte und drei Vorarbeiter standen diesen Arbeitern vor.
Die drei ersten Gruppen waren Deputanten, hatten eine eigene Kuh im Stall, freie Wohnung und Brennmaterial. Die Remontewärter hatten außerdem noch Uniform. In den meisten Fällen hatte man eine lange Treue zum Hof zu verzeichnen. Der Geheimrat von Tippelkirchen, der die gesamte Leitung hatte, war klein von Wuchs und trug ein wallenden Vollbart. Er war von großer Güte, aber auch von besonderer Strenge; unangemeldet kam er meistens, und zwar zweimal im Jahre. Wenn er den Hof inspizierte, dann dauerte es mehrere Tage, aber bei jedem Arbeiter kehrte er ein und befragt ihn nach seinen Wünschen und Sorgen. Waren Mängel vorhanden, so wurden sie sofort abgestellt. Gewöhnlich war der Besuch drei Tage anwesend.
Das Remontewesen war mit Stallungen für ca. 700 bis 800 Pferde sehr gut ausgebaut. Die Remonten wurden auf Pferdemärkten der näheren und weiteren Umgebung dreijährig aufgekauft. Sie wurden dann hier einer Eignungsprüfung unterzogen und wurden bei entsprechendem Befund aufgestallt. Je nach Größe des Stalles bekam jeder Remontewärter 25 bis 50 Pferde in seine Obhut. Im Herbst jeden Jahres wie auch im Frühjahr folgten die Pferdemusterungen. Mehrere Offiziere nahmen die Besichtigung vor. Darauf erfolgte im Mai jeden Jahres die Auslieferung der Remonten an das Heer. Zu diesem Tage, das jeweils ein Ereignis war, waren 200 Soldaten verschiedener Waffengattungen angetreten, um die Remonten, die hier ein Jahr stationiert waren, in Empfang zu nehmen. Höhere Offiziere in Galauniform leiteten den Abtransport.
Es war ein buntbewegtes Bild, das jedem alten Hardebeker unvergessen geblieben ist. Dem Futtermeister Eigner, ein langgedienter Schwarzer Husar im Rang eines Wachtmeisters, war die Überwachung und Erziehung der Remonten anvertraut. Manches Lob konnte er für sich buchen.
Die Remonten, die nicht für den Heeresdienst geeignet waren, wurden ausrangiert.
Aufschlussreich sind auch die uns überlieferten Angaben über die Bebauung der einzelnen Schläge, die mit großer Genauigkeit bestellt wurden.
Sechszehn vierspännige Pflüge hatten große Leistungen zu bewältigen. Am Mittag und Abend eines jeden Arbeitstages wurde die Arbeitseinteilung besprochen, so dass der gesamte Arbeitseinsatz nach den Anweisungen des Inspektors wie ein großes Uhrenwerk ablief. Dem Feldvogt Fock war vor allem die Aufgabe übertragen, den Ablauf der Feldarbeiten zu überwachen und er –das Abbild eines nordischen Mannes, von großer breitschultriger Statur- erledigte sein Pensum mit großer Korrektheit und absoluter Rechtlichkeit, was ihn hohes Ansehen eintrug. Bemerkenswert war an ihm, dass er nicht nur bei den Vorgesetzten in besten Ansehen stand, sondern auch wegen seines gerechten und aufgeschlossenen Wesens die Achtung und Liebe seiner Mitarbeiter genoss. Auch Scheunenvogt Hannes Weiß, der Fock zur Seite stand, war ein solcher Mann von großer Rechtlichkeit. Er hatte die Bewirtschaftung des gedroschenen Getreides, das in große Fuhren nach dem Bahnhof Brokstedt gebracht und in Waggons verladen wurde. Hafer allerdings wurde auf dem Hofe selbst zur Fütterung des großen Pferdebestandes verbraucht. Auch Kartoffeln wurden in vielen Fuhren nach dem Bahnhof geschafft.
Die Ernte wurde mit vielen Geräten bewältigt. Ein Selbstbinder, zwei Ablegemaschinen unterstützten die Arbeit von 50 Sensen beim Getreideschnitt. Das war ein buntbewegtes Bild so recht nach dem Herzen des Landmannes jener Tage, denn alle schafften freudig und fleißig mit, weil es den königlichen Remontedepot bzw. seiner Verwaltung am Herzen lag, allen hier tätigen Arbeitern einen Lebensstandard zu ermöglichen, der jener Zeit entsprach und somit den besten Antrieb für gute und froh erfüllte Arbeit darstellte.
Am Eingang zum Gut war eine Schmiede errichtet, wo der Schmiedemeister Poggensee mit 2 Gehilfen und 2 Lehrlingen alle Hände voll zu tun hatte, um alle landwirtschaftlichen Geräte in guten Stande zu halten. Man hatte schon damals richtig erkannt, dass nur eine gute Pflege des Gerätes dazu dienen konnte, günstige Ernteverhältnisse zu schaffen. Ein großer schöner Park, der sich an den Gutsgarten anschloss, bildete mit seinen Wandelgängen einen besonderen Anziehungspunkt für die Bewohner, die sich hier nach getaner Arbeit ergingen. Etwa um 1810 hatte die Gutwirtschaft einen bemerkenswerten Höhepunkt erreicht. In üppiger Fülle erstreckten sich soweit der Blick reichte die wogenden Kornfelder. Es war ein wahrer Gottessegen, der auf diesem schönen Gutswesen ruhte.
Da traf alle Mitarbeiter ein harter Schlag, als Amtsrat Jaekel, der von allem verehrten Leiter, abberufen und nach Pommern versetzt wurde. Wohl nie hat dieser erfolgreiche und verdiente Mann diesen Wechsel ganz verwinden können; er versammelte die gesamte Belegschaft des Hofes um sich zu einem herzlichen Abschied, der allen schwer wurde.
Als Nachfolger trat Oberamtmann Aulich an, der aber den Kontakt zu seinen Untergebenden nicht so Recht finden konnte. Das war, im Vergleich zur vorhergehenden Zeit, nachteilig für den Wirtschaftsablauf des Hofes. Eine weitere Verschlechterung der Lage brachte dann der Ausbruch des Krieges im Jahre 1914 mit sich, denn mancher Mitarbeiter musste ins Feld rücken und die dadurch entstandenen Lücken konnten in den meisten Fällen nicht geschlossen werden.
Etwa zu Ende des ersten Weltkrieges wurde Aulich in der Blüte der Jahre von einer unheilbaren Krankheit dahingerafft und fand in Sönke einen Nachfolger. Nochmals wurde das Gut mit 200 Remonten belegt, aber sie waren nur kurze Zeit hier heimisch, denn sie wurden bald darauf meistbietend versteigert, weil es keine Armee mehr gab, in der sie dienen konnten.
Nun entstand die bange Frage für alle, was aus dem Gut werden solle, ob es erhalten bleiben könne oder aufgelöst werden müsse. Da trat Amtsrat Jaekel nochmals auf den Plan. Er wollte versuchen, obwohl er jetzt schon in vorgerückten Alter stand, Hardebek durch intensive Viehwirtschaft zu neuer Blüte zu bringen. Aber jetzt sprach das Ministerium das letzte Wort. Jaekel musste resignieren und sich als Totengräber für das Gut bezeichnen und wieder und diesmal für immer Abschied von dieser Stätte nehmen, der sein ganzes Leben und seine volle Liebe gegolten hatte.
Ja, der verlorene Krieg nahm auch den Hardebeker Arbeitern ihre Existenz, der Hardebeker Hof wurde von der Schleswig-Holsteinischen Höfebank aufgesiedelt und im Oktober 1921 begann man mit dem Ausbau der Siedlungsstellen. Mancher bisherige Gutsarbeiter musste sich, da er die Anzahlung für eine Siedlerstelle nicht aufbringen konnte, anderweitig um Arbeit bemühen. Ein Teil von ihnen konnte dagegen Siedlerstellen übernehmen und auch ein Teil der im polnischen Gebiet heimatlos gewordenen Landwirte konnte hier eine Heimat finden.
Auf der gesamten Gemarkung wurden die Siedlerstellen ausgebaut und es entstanden insgesamt 40 Siedlungen. Mit Fleiß und Ausdauer haben es die einstigen Siedler, die später Bauern wurden, verstanden ihre Existenz zu sichern und ihre Siedlungen auf guter Grundlage auszubauen.
Hier endet unser Rückblick auf das einstige Remontedepot. Der Hardebeker Hof und wir glauben, dass es angebracht war, einmal auf dieses Werden in der guten alten Zeit und auf den Neuaufbau in schweren Tagen, die unserer heutigen Zeit so sehr ähnelten, einzugehen. Damit ist der Wunsch zu verbinden, dass es denjenigen, die nunmehr die Hardebeker Höfe bewirtschaften, beschieden sein möge, stets die heimische Scholle zu bewahren zum Wohle ihrer Familien und ihrer Nachkommen, die sich dann in stillen Stunden einmal auf die interessante Geschichte des Dorfes Hardebek und die Menschen, die es durch ihren Fleiß und ihre Treue zum heimatlichen Boden geschaffen haben, besinnen mögen.
Johannes Fock