Die Remontenställe

Nachdem die Militärverwaltung das Gut für 100 Jahre gepachtet hatte, begann eine völlige Umgestaltung des Gutsdorfes. Nach und nach ließ man die alten Rauchkaten, die baufälligen Ställe, die Schmiede und das Wohnhaus des Schmiedes abbrechen. Eine rege Bautätigkeit setzte ein. Als erstes Gebäude entstand der große Remontestall (heutige Lindenstr. 10), etwa 130 Meter lang und 12,40 breit. Er enthielt 8 Buchten und Platz für 200 Pferde. Wegen Platzmangels im Remontestall wurde noch ein zweiter Pferdestall (heutige Lindenstr. 1) für 80 Pferde gebaut. Später kam noch ein Remontestall auf dem Vorwerk Flotthof hinzu, der ebenfalls Raum für 80 Pferde bot. Ein Unterstand sowie ein Schuppen für 60 Pferde schlossen sich noch an.
Im Dorfe selbst und in der Feldmark entstanden große Schuppen zur Lagerung von Ernteerträgen. Solch ein Schuppen wurde ebenfalls am Wiemersdorfer Weg zur Unterbringung von 60 Pferden errichtet.
(Quelle: Hans Riediger: Bauernhöfe und Geschlechter im altholsatischen Siedlungsgebiet des Kirchspiels Bramstedt. Roland-Verlag).

Die Remonten (französisch: Ersatzpferd) waren junge Pferde, die für den militärischen Bedarf gezüchtet wurden.

Großer Remontestall in der heutigen Lindenstr. 10
Großer Remontestall

Diese Aufnahme zeigt den ehemaligen Remontestall (Südwand) in der heutigen Lindenstr. 10. Der Stall wurde als erstes Gebäude während der „Remontezeit“ erbaut und war auch der größte Pferdestall im Ort. Er war etwa 130 Meter lang und 12,40 breit. Er enthielt 8 Buchten und Platz für 200 Pferde.
Im Jahre 1985 brannte der östliche Gebäudeteil ab.

 

Großer Remontestall, Nordwand
Remonten in Hocken

Im Hintergrund befindet sich der damals über 130 Meter lange Remontestall (in der heutigen Lindenstr. 10).
Im Vordergrund sind die Remonten in „Hocken“ (eingezäuntes Gebiet; daher Kühe auf Weiden, Pferde in Hocken) zusehen.
Rechts im Bild befindet sich der Futtermeister Ernst Eigner.

(Quelle: Peter Meyer, Bad Bramstedt, Enkel des Futtermeisters Ernst Eigner)

 

Großer Remontestall und Remonte in Hocken
Remontestall und Remonte in Hocken, Ostansicht
Remontestall in der Lindenstr. 1
Ehemaliger Remontestall für 80 Pferde

Zweiter ehemaliger Remontestall für 80 Pferde in der heutigen Lindenstr. 1.

Die Aufnahme zeigt die nördliche Giebelwand und die östliche Gebäudefront.

Frau Jutta Felgendreher berichtete folgendes über die Pferdehaltung in Hardebek:
„Im August des Jahres 1898 wurden in Hardebek die ersten 200 Remonten aufgestellt. Diese einjährigen Pferde waren auf den Pferdemärkten der näheren und ferneren Umgebung aufgekauft worden. Sie blieben ein Jahr am Orte stationiert, ehe sie jeweils im Juni des folgenden Jahres von einer Kommission von Offizieren gemustert und an das Heer ausgeliefert wurden. Der Tag der Auslieferung der Remonten war immer ein besonderes Ereignis für das Dorf, denn es erschienen etwa 200 Soldaten, um die Pferde in Empfang zu nehmen und um sie zur Bahnstation nach Brokstedt zu führen.
Die zum Heeresdienst untauglichen Pferde ergänzten jeweils den Bestand der 60 bis 70 Ackerpferde auf dem Hofe oder wurden in die Nachbardörfer verkauft. Die Anzahl der aufgestellten Remonten schwankte. In Friedenszeiten betrug sie etwa 400 Tiere; im Verlauf des l. Weltkrieges stieg die Anzahl sogar auf 800 bis 1000“ (Quelle: Frau Jutta Felgendreher aus Brokstedt: Hardebek in Vergangenheit und Gegenwart, erschienen im Heimatkundlichen Jahrbuch für den Kreis Segeberg, 1981).

Die Brokstedter Chronik berichtet über die Verladung und den Transport der Remonten folgendes:
„Zur Belebung und zum Ausbau des Brokstedter Bahnhofes trug die Ansiedlung eines königlichen Remontedepots in Hardebek nicht unwesentlich bei. Hier wurden Pferde für den militärischen Bedarf gezüchtet und über den Bahnhof Brokstedt nach ganz Europa transportiert“. „Da die Wegverhältnisse um das Hardebeker Remontedepot ansonsten sehr schlecht waren, konnten die Transporte der Pferde ausschließlich über den Bahnhof Brokstedt erfolgen“.
Die damalige Regionalzeitung, der Stör-Bote, berichtet am 8 Juli 1899 von einer großen Lieferung Remonten an verschiedene Regimenter:
„Brokstedt, 1 Juli (…..). Von den Remonten des Depots wurden am 30. Juni hier auf Bahnhof Brokstedt verladen:
45 Stück nach Itzehoe für das Artillerie-Regiment Nr. 9,
48 Stück nach Metz für Regiment Nr. 34,
 8 Stück nach Hannover für Regiment Nr. 10,
32 Stück für ein schlesisches Artillerie-Regiment,
10 der Remonten kommen zu Husaren-Regimentern“.
(Quelle: Lena Cordes, Brokstedt - 475 Jahre Geschichte einer Gemeinde in Holstein, Nordelbische Ortsgeschichten, Bd. 1, SOLIVAGUS Verlag, Seite 139).

Der Futtermeister Ernst Eigner
Der Futtermeister Ernst Eigner

Zu besonderen Anlässen zog der Futtermeister Ernst Eigner, ein ausgedienter Wachtmeister der schwarzen Husaren, seine Uniform an.

Frau Jutta Felgendreher berichtete folgendes über die Aufgaben des Futtermeisters Eigner auf dem Remontedepot:
„Zur Betreuung der Remonten waren 16 bis 20 uniformierte Remontewärter angestellt. Ein Oberremontewärter beaufsichtigte ihre Arbeit, ihm war der Futtermeister übergeordnet, der die Verantwortung für das Erziehen und das Gedeihen der Remonten trug. Dieses letztgenannte Amt übte Herr Eigner, ein ausgedienter Wachtmeister der Schwarzen Husaren, während der ganzen Remontezeit aus. Hinter dem großen Remontestall war eine Art Arena angelegt, in der die Remonten ihr Laufpensum zu absolvieren hatten. Das alles überwachte der Futtermeister“ (Quelle: Frau Jutta Felgendreher aus Brokstedt: Hardebek in Vergangenheit und Gegenwart, erschienen im Heimatkundlichen Jahrbuch für den Kreis Segeberg, 1981).

 

Nach dem Ende des 1. Weltkrieges verließen die letzten Remonten Hardebek. Die großen Ställe standen leer. Das Gut wurde im Jahre 1921 an die schleswig-holsteinische Höfebank in Kiel verkauft. Diese teilte das Gut Hardebek in über 30 größere und kleinere landwirtschaftliche Siedlungen auf. Der große Remontestall (in der heutigen Lindenstr. 10) wurde durchgeteilt und umgebaut, so dass zwei Siedlungsstellen mit je 30 ha Land geschaffen wurden.

 

Im Jahre 1985 brannte der östliche Wohn- und Wirtschaftsteil ab. Der westliche Gebäudeteil blieb erhalten und dient heute überwiegend als Wohnraum.